mein traum

Rennbericht Ironman World Championship Hawaii 2018


Wenn du neun Jahre einen sportlichen Traum hast, dafür dein Leben zur Gänze umstellst, deine Ernährung, dein Zeitmanagement, deine Lebensgewohnheiten änderst, du fast täglich trainierst, dich in eisiger Kälte, bei Erschöpfung und Verletzungen immer neu motivierst, der Hitze trotzt, Erfolge feierst, durch Rückschläge stärker wirst, wenn du plötzlich zu vielen Dingen des Lebens einen anderen, ruhigeren Zugang bekommst, wenn du von deinen Freunden, Arbeitskollegen und vor allem von der Familie vollste Unterstützung erhoffst und sie dir aus tiefstem Herzen gegeben wird, dann bist du entweder ein richtiges egoistisches Arschloch mit Applikationen von Masochismus, Narzissmus und leichten Spuren von Selbstzerstörung oder du hast den Sport Langdistanztriathlon zu deiner Lebenseinstellung gemacht und willst unbedingt zur offiziellen Ironman Weltmeisterschaft in Kona/Hawaii, dem Walhalla, dem Mekka, dem heiligen Gral,  dem geheimen Traum eines jeden Triathleten. 

Geheime Statistiken sagen, 100 Prozent wollen es, ein Prozent darf es. Du kannst nämlich nicht über Booking.com buchen und dich anmelden. Nein - du musst dich in einem anderen Ironman Langdistanz Rennen qualifizieren. Das heißt in meiner Agegroup, z.B. M55-59 unter die ersten zwei kommen, weil es nur zwei Slots gibt. Oder du wirst fünfter, so wie ich in Klagenfurt, und die ersten drei verzichten. Bingo!!! dann bist du drei Monate nervös, angespannt aber auch freudig erregt. Du weißt, du wirst dich mit den Besten der Besten bei einer Weltmeisterschaft 3,8km schwimmend durch den welligen Pazifik bewegen, 180km mit dem Rad entlang der Küste nach Hawi und in der Hitze von Lavafeldern, dem starken böigem Wind trotzend, retour nach Kona über ca 1700 hm kämpfen und dann noch einen Marathon 42,2km bei hoher Luftfeuchtigkeit und hügeliger Laufstrecke (340 hm) runterbiegen. Das erzeugt Respekt, aber auch ein bisschen Angst, wie wird es? Werde ich versagen oder eine anständige Leistung bringen?

Die Nervosität die Tage vorher unbeschreiblich, stündlich ansteigend, bis zum Schwimmeinstieg unerträglich. Dann plötzlich fällt alles ab, ich stecke die Zehen ins warme Meerwasser, werde ruhiger und ruhiger, schwimme langsam die 150 Meter raus zum Schwimmstart. Ca.1700 Athleten schaukeln in den langgezogenen Wellen des Pazifiks, den Blick zum 1,9km entfernten Wendepunkt gerichtet. Ich bin dabei, der lange Weg "Road to Kona" neigt sich dem Ende zu, nur noch 226 Kilometer "na dann, auf geht`s der Goaß noch""…..Als es "Rawummms" macht, unbeschreiblich, alles explodiert in mir, ich schwimme in einer brodelnden Masse. Endlich wieder ein Massenstart, nicht diese "Teletubby" fünf Personen Wellenstarts der normalen Ironman Rennen. Infight, Freude, Stress pur, die erste Hälfte in 32 Minuten – super – die zweite Hälfte vergeigt, ich komme mit 01:14:02 aus dem Wasser. 

Am Rad durch Kona merke ich, dass ich im Mittelfeld liege. Als ich dann den Queen Ka´ahumanu Highway nach Hawi rausfahre, ist da plötzlich ein Gefühl in mir, das mir sagt: "Fahre mit Hirn, nicht überzocken, aber auch nicht trödeln. Die Zeit sollte wurscht sein, mit Anstand finishen und genießen. Es ist ein Privileg, dabei zu sein. Dann kommt die Angst vor einer Panne dazu. Im Training sind viele gestanden, auch ich hatte einen "Patschen". Glasscherben, scharfe kleine Lavasteine an der Strecke…..wenn ich jetzt Schlauch wechseln muss!! Ich mit meinen zwei Linken schneide mir sicher zwei Finger ab. Ein paar stehen aber schon an der Strecke und fluchen….Als ich nach 05:23:56 vom Rad steige, bin ich froh - jetzt kann ich es nur mehr selbst vergeigen. 

Ich komme die ersten 12 Kilometer in einen sehr guten Rhythmus, nehme Wasser und Eis zum Kühlen und laufe dann die Palani Road rauf und wieder am "Queen eh schon wissen Highway" Richtung Flughafen. Plötzlich wird es zach, unendlich zach. Sicherheitshalber verschwinde ich einmal in der Box, speibe wie immer kurz neben einem Werbeständer das Zuckerwasser raus und versetze dadurch einen der überaus freundlichen Volunteers in Furcht und Unruhe. Der Rhythmus, die Muskulatur sind aber okay, mir fehlt "nur" die Pace. Ich gehe auch nicht zwischen den Labe Stationen. Dort selbst halte ich mich aber einfach immer zu lange auf. Das kostet Zeit und der Weg ins "Energy Lab", der berühmte Wendepunkt dann rein nach Kona, kommt einfach nicht daher. Trotzdem, ich leide nicht, es ist immer genug Freude da. Selbst als ich realisiere, dass sich ein "Day Light Finish" (offizieller Sonnenuntergang war 18:00 Uhr) nicht ausgehen wird - da hätte ich in 10:55:00 finishen müssen – sind sie da, die Freude, die Genugtuung, der aufkommende Stolz, einen unbeschreiblichen Tag erlebt zu haben. Fast kitschig laufe ich die letzten zwei Kilometer in der untergehenden Sonne. 

Melly tritt mich noch einmal richtig bei Kilometer 224 in den Hintern und interviewt mich noch sicherheitshalber. Richtig emotional wird es aber, als ich den Alii Drive die letzten 400 Meter Richtung Ziel laufe. Ich umarme meine Martina, meine Nina und kurze Zeit später meine Melly, ohne Worte - schaut auf die beiden Videos auf Facebook. Facebook Triathlet-Paul-Marouschek Als ich nach 11:15:14 ins Ziel laufe (Marathon 04:23:59 daran wird fürs nächste Jahr gearbeitet) könnt ihr euch gar nicht vorstellen, wie glücklich und stolz wir uns alle in die Arme gefallen sind. Von 142 Athleten in meiner Altersklasse erkämpfe ich mir Rang 55. Als ich das Bike abhole, habe ich vorne einen Patschen…

Der Weg nach Kona ist zu Ende. Das Finish, dieser 13.10.2018, aber vor allem die lange Zeit davor hat mir so viele Positives gegeben: Meine Familie ist untrennbar eng zusammengewachsen, ich habe verlässliche Freunde gewonnen und Freundschaften gestärkt, Ich habe Bewunderung, Großzügigkeit Herzlichkeit und Wertschätzung erleben und erfahren dürfen und ich bin gesund. Ich selbst habe für mich viel gelernt und konnte mir letztendlich einen sportlichen Lebenstraum erfüllen. Dafür bin ich unendlich dankbar, das macht mich glücklich und auch ein klein wenig stolz. Aber ich werde nie vergessen, dass das alleine nicht zu schaffen ist. Ich komme mit vollster Zufriedenheit, mit erhobenem Haupt nach Österreich zurück. Yesss I did it. Ich freue mich auf daheim, auf die off Season, mein "normales" Leben und die Ironman Europameisterschaft am 30.06.2019 in Frankfurt

Aloha ihr hört von mir
Euer dankbarer Paul

 
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Road to kona